COPD-Therapie: Steroide heiss umstritten

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COPD-Therapie: Steroide heiss umstritten

Patienten mit COPD sollten nicht mit Steroiden behandelt werden, meinen Lungenexperten. Andere verteidigen das antiinflammatorische Prinzip.

Weil Steroide lymphozytäre Zellen und Eosinophile beeinflussen, wirken sie bei Asthma besonders gut.
Was richten sie aber aus gegen COPD, bei der es vor allem um Granulozyten und Alveolarmakrophagen geht?
Nach neuen Studien beeinflusst Kortison u.a. auch Makrophagen, unterstrich Professor Dr. Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Solche Befunde zeigten auf molekularer Ebene, warum inhalative Kortikosteroide (ICS) bei COPD wirken.

Exazerbationsrate sinkt mit Betamimetika-Steroid-Kombi
Der ersten Langzeitstudie mit Fluticason/Salmeterol über drei Jahre (TORCH1) zufolge bewirken sowohl der Bronchodilatator
allein als auch das Steroid jeweils einen Rückgang der Exazerbationsrate, und durch die Kombination resultiert ein additiver Effekt.

Auch epidemiologische Indizien führte der Referent an: Die allgemeine COPD-Exazerbationsrate – im Jahr 2000 noch zwischen 1,5 und 2 pro Jahr – sank seit Einführung der ersten Betamimetika-Steroid-Kombis.
Sie liegt aktuellen Studien zufolge heute nur noch bei etwa 0,8, so Prof. Welte.
„Dass diese Rate seit Einführung von LABA* und ICS so stark gesunken ist, spricht dafür, dass wir etwas richtig gemacht haben.“



Erwiesenermassen lasse sich mit ICS zusätzlich zur hochwirksamen dualen Bronchodilatation (LABA plus LAMA**) ein Effekt erzielen.
Weitere Reduktionen der Exazerbationsraten auf etwa 0,5/Jahr hält der Experte für realisierbar.

Nur bei Exazerbierern mit Steroiden arbeiten

Man habe Steroide bislang zwar eventuell zu breit eingesetzt, aber an der Tatsache,
dass ICS bei COPD zum therapeutischen Arsenal gehören, gibt es für Prof. Welte keinen Zweifel.
Als wesentlichen Faktor nannte er die antiinflammatorische Wirkung bei Exazerbation – COPD-Patienten ohne Exazerbationen sollten keine ICS erhalten.

Bei sorgfältiger Indikationsstellung fallen auch die Risiken (Pneumonie) weniger ins Gewicht.
„Nimmt man nur die Patienten, die exazerbieren, erhält man eine ganz andere Nutzen-Risiko-Relation.“

Von Studien der Zukunft erhofft sich der Pneumologe eine genauere Charakterisierung von COPD-Patienten,
die von ICS profitieren, sowie mehr Erkenntnisse zum Zusatzeffekt von ICS zur Doppel-Bronchodilatation.
Zudem wünscht sich der Kollege präzise Dosis-Wirkungs-Kurven,
„denn wir sind sicher bei COPD zu hoch eingestiegen und müssen die Steroiddosen reduzieren“.

Zu viel, zu hoch dosiert – selbst bei Low-Risk-Patienten

Die COPD lässt sich wunderbar behandeln ohne antientzündliches Konzept, hielt Privatdozent Dr. Kai Michael Beeh vom Institut für Atemwegsforschung in Wiesbaden dagegen.

Es gebe keine prädiktiven Daten, die zeigen, dass „mehr Entzündung“ auch „mehr Exazerbationen“ bedeutet.

Die experimentellen Befunde zum Effekt von ICS bei COPD seien verwirrend, es gebe sogar Studien,
die unter Steroiden eine gesteigerte Aktivität von Makrophagen und Neutrophilen – also einen proinflammatorischen Effekt?– belegen.

Was klinische Aspekte wie Symptome, Exazerbationen und Mortalität angeht, hat der Kollege ebenfalls grosse Zweifel.
„In der Praxis handelt es sich bei der Hälfte der Patienten, die ICS erhalten, um Niedrigrisikopatienten hinsichtlich Exazerbationen,
da halte ich ICS/LABA für keine gute Kombination.“
Und bei schwerer COPD bessert laut ILLUMINATE2 die duale Bronchodilatation Kernsymptome wie Dyspnoe wesentlich stärker als ICS/LABA.

Auch die positiven Effekte von ICS-LABA vs. LABA allein ziehen sich nicht konsistent durch alle Studien.
Dagegen erreiche man laut INSPIRE3 mit dem heutigen Goldstandard LAMA eine gleich gute
Exazerbations-Prävention wie mit ICS/LABA – ohne antiinflammatorische Komponente.

Und bezüglich der Tripletherapie steht man laut Dr. Beeh im evidenzfreien Raum.
Für ihn gibt es keinen Grund, die Nebenwirkung Pneumonie zu riskieren, wenn nur ein unsicherer Effekt
auf Exazerbationsraten und kein Effekt auf die Mortalität resultiert.

Das INSIPRE-Argument liess Prof. Welte allerdings nicht gelten: Hier wurde Tiotropium gegen das schwächere Salmeterol (plus ICS) getestet:
„Wenn dieser LAMA genauso gut abschneidet wie ICS-LABA, muss man einen additiven Effekt der Steroide annehmen.“
Klinische Erfahrung zählt!

„Wir sollten eine Therapie, die über zwei Jahrzehnte geholfen hat, nicht kurzerhand verteufeln“, protestierte indessen ein Kollege aus dem Auditorium.
Man dürfe das Daten-Jonglieren nicht über die klinische Erfahrung setzen:
„Wegen ein paar unschlüssiger Studien oder wegen Studien, die wir leider noch nicht haben, darf man eine Therapie nicht abschaffen.“

Damit erwiese man den praktisch tätigen Ärzten einen Bärendienst, denn sie geraten in Erklärungsnot,
wenn sie COPD-Patienten ICS verschreiben.
„Gerade Patienten mit asthmoider Komponente hilft diese Therapie aber sehr gut!“

Natürlich ist das Wohl des Patienten wichtiger als Gauss‘sche Verteilungskurven, gestand Dr. Beeh zu.
„Wenn jemand mit LABA/LAMA noch exazerbiert, gebe ich auch ein Steroid drauf – Evidenz dafür gibt es aber nicht.“

Nur bei akuter Exazerbation mit systemischen Steroiden behandeln

„Und systemische Steroide?“, fragte ein Kollege aus dem Auditorium. Diese haben ihren Platz bei akuter Exazerbation, nicht in der Dauertherapie.
Die Gabe von 20–40 mg Prednisolonäquivalent über fünf Tage ist etabliert, dann wird abgesetzt ohne Ausschleichen, so Prof. Welte.

Hier spielt ein antiödematöser Effekt eine wichtige Rolle, fügte Dr. Beeh hinzu.
Die Exazerbation ist häufig getriggert durch Virus-Infekte, die die Bronchialschleimhaut schwellen lassen.
Dieser unspezifische antiödematöser Effekt hat aber mit der ICS-Wirkung in der Dauertherapie nichts zu tun, unterstrich der Kollege.


Wenn COPD und Asthma 
sich überlappen

Bei einer COPD-Prävalenz von 8–10 % und einer Asthma-Prävalenz von 6–8 %, gibt es logischerweise Patienten, die beides haben – und Asthma braucht Steroide, erklärte Prof. Welte. „Ein COPD-Patient mit grosser Atemwegsvariabilität und nächtlicher Symptomzunahme hat sehr wahrscheinlich eine Asthmakomponente und sollte Steroide erhalten.“


* long-acting beta-agonist
** long-acting muscarinic antagonist

Quelle: 1. Towards a Revolution in COPD Health 2. QVA149 Versus Fluticasone/Salmeterol in Patients With COPD 3. Investigating New Standards for Prophylaxis in Reduction of Exacerbations

http://www.medical-tribune.ch/medizin/fo...umstritten.html
 
3 Tipps zum Schutz vor Atemwegsinfektionen bei COPD

15.09.2014

Sinkende Temperaturen und trockene Heizungsluft - im Herbst steigt mit dem Start der Heizperiode das Infektionsrisiko. Schützen Sie sich deshalb vor Viren und Bakterien! Hier die 3 besten Tipps wie Sie Infektionen in der kalten Jahreszeit vorbeugen können.

Tipp 1: Inhalieren mit Kochsalz

Im Herbst Atemwegsinfektionen vorbeugenNasskaltes Wetter und trockene Heizungsluft setzen vor allem den Schleimhäuten zu. Um Schleimhäute vor dem Austrocknen zu schützen, ist besonders die Inhalation mit Sole (Kochsalzlösung) sinnvoll. Studien belegen, dass die regelmäßige Inhalation von Sole die natürliche Selbstreinigung der Atemwege effektiv unterstützt: Der Schleim wird verflüssigt, Krankheitserreger werden besser hinausbefördert und das Abhusten erleichtert.

Sole wird am besten mithilfe von Ultraschall- oder Düsenverneblern inhaliert. Diese vernebeln die Lösung zu kleinsten Tröpfchen, die tiefer in die Atemwege eindringen als das bei der einfachen Dampfinhalation der Fall ist.

Tipp 2: Abwehrkräfte stärken

Neben ausreichend Bewegung, Schlaf und der Vermeidung von Stress ist vor allem eine gesunde Ernährung für die Aktivierung der Abwehrkräfte wichtig. Hier kommt Vitamin C und Zink eine besondere Bedeutung zu.

Vitamin C ist nicht nur in Zitrusfrüchten, sondern überhaupt in Obst, aber auch in Gemüse wie Paprika und Brokkoli enthalten. Außerdem kann man auch auf Vitamin-C-Präparate aus der Apotheke zurückgreifen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 100 mg Vitamin C pro Tag für Erwachsene.

Studien haben gezeigt, dass viele Menschen in Deutschland mit Zink unterversorgt sind. Zink ist vor allem in Nahrungsmitteln wie Getreide, Eier, Hülsenfrüchten, Fleisch und Käse enthalten. In der Apotheke erhalten Sie aber auch Zink-Präparate (oft auch in Verbindung mit Vitamin C). Aber Vorsicht: eine zu große Menge an Zink hat anders als Vitamin C auch negative Wirkungen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine täglich zusätzliche Zufuhr von 7 mg Zink bei Frauen und 10 mg bei Männern.

Tipp 3: Jährlich gegen Grippe impfen

Weil Lungenpatienten ein ohnehin geschwächtes Immunsystem haben, sind sie bei einem grippalen Infekt größeren Risiken ausgesetzt als gesunde Menschen. So kommt es insbesondere bei Rauchern oft zu einer übersteigerten Reaktion des Immunsystems bei der Abwehr der Viren, und das kann schwerwiegende Folgen wie eine Lungenentzündung haben.

Die ständige Impfkommission (STIKO) rät Lungenpatienten wegen krankheitsbedingten Risiken daher einmal im Jahr eine Impfung gegen Grippe vornehmen zu lassen.

http://www.leichter-atmen.de/copd-news/fit-fuer-kalte-jahreszeit
 
Die Standardtherapie der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD umfasst anti-entzündliche Wirkstoffe, wie beispielsweise Kortikosteroide, um die Entzündungsreaktion im Gewebe zu hemmen. Zudem werden Bronchien-erweiternde Medikamente (sogenannte Anticholinergika oder Beta-Mimetika) eingesetzt, die der Verengung der Atemwege entgegen wirken.

Neben der medikamentösen Therapie wird den Patienten geraten, das Rauchen aufzugeben und Atemgymnastik bzw. Lungensport zu betreiben, wodurch die Lebensqualität häufig deutlich gebessert werden kann. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium der COPD kann eine Langzeit-Sauerstofftherapie nötig werden.

Ausführliche Informationen zur Therapie der COPD

Gegenstand der aktuellen Forschung sind neue Wege, die Entzündungsreaktion zu hemmen und Reparaturprozesse im Gewebe zu verstehen und zu fördern. Außerdem wird intensiv nach beteiligten Genen der COPD gefahndet. Bisher konnten einige zelluläre Signalwege identifiziert werden, die sich für neue Therapieansätze eignen. Neue Medikamente stehen allerdings bislang nicht zur Verfügung.

Was macht die COPD-Forschung?

Schon heute leiden weltweit je nach Schätzungen beziehungsweise Hochrechnungen zwischen 200 und gut 300 Millionen Menschen an COPD – und die Zahl wird nach Ansicht von Experten in Zukunft noch weiter zunehmen. Leider ist bis heute keine ursächliche Heilung möglich. Doch gerade in den letzten Jahren hat die Forschung viele neue Erkenntnisse gewonnen, die das Verständnis der Erkrankung verbessert haben. Dies ist auch das Verdienst von Projekten wie der 1997 ins Leben gerufenen Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease. Diese auf der ganzen Welt operierende Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl die Prävention als auch die Behandlung und Versorgung von COPD zu verbessern. Auch in Deutschland werden die wissenschaftlichen Anstrengungen weiter intensiviert. So gibt es seit 2009 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Krankheitsbezogene Kompetenznetz Asthma / COPD, an dem diverse Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Ihr Ziel: Das Verständnis der Krankheitsprozesse voranzubringen, um damit neue, effektivere Therapien zu entwickeln.

Wichtiger Ansatzpunkt – das Immunsystem

In der Bronchialschleimhaut und im Sputum von COPD-Patienten kommen zahlreiche Immunzellen vor, etwa neutrophile Granulozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten.
Über die Ausschüttung von Botenstoffen sind diese Zellen an Entzündungsvorgängen in der Bronchialschleimhaut beteiligt. Eine wichtige Rolle spielen zahlenmäßig die neutrophilen Granulozyten. Sie aktivieren in der Bronchialschleimhaut verschiedene Enzyme, die das Bindegewebe im Lungenparenchym, dem aus Alveolen bestehenden Funktionsgewebe der Lunge, zerstören..

Neben den neutrophilen Granulozyten rücken seit einigen Jahren auch die Makrophagen stärker ins Blickfeld der Forschung. Diese Abwehrzellen gehören zu den weißen Blutkörperchen und zerstören im Atemsystem Viren, Bakterien und Aerosolpartikel. Forscher am Lungenforschungszentrum Comprehensive Pneumology Center in München konnten vor einiger Zeit erstmals eine Makrophagenpopulation im Sputum nachweisen, deren Zellen kleiner als die bisher bekannten Makrophagen sind. Diese so genannten kleinen Sputummakrophagen machen im Bronchialsekret von Gesunden nur etwa zehn Prozent aller Makrophagen aus, im Sekret von COPD-Kranken jedoch bis zu 90 Prozent.
Man nimmt an, dass die kleinen Sputummakrophagen eine entscheidende Rolle in den Entzündungsprozessen spielen. So ergab eine Analyse der Makrophagen, dass sie große Mengen des Tumor-Nekrose-Faktors (TNF) produzieren. Dieses Zytokin hält den Entzündungsstatus in der Zelle aufrecht und kann so zur Entstehung der COPD beitragen.

Die ebenfalls am CPC ansässige Arbeitsgruppe Immunopathologie der COPD konzentriert sich auf eine andere Klasse von Immunzellen – die T-Lymphozyten. Mit Hilfe eines Mausmodells untersucht sie die Rolle der verschiedenen Subtypen der T-Zellen auf die Entwicklung der COPD.

Auch autoimmunwirksame Antikörper scheinen an den strukturellen Veränderungen in der Lunge beteiligt zu sein. So konnten Pneumologen der Universitäten Pittsburgh und Boston/USA bei COPD-Patienten erhöhte Werte von Autoantikörpern nachweisen, die sich gegen körpereigene Lungenepithelzellen richten. Und auch andere Studien deuten darauf hin, dass eine Autoimmunreaktion beim Krankheitsmechanismus der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung eine Rolle spielen könnte. Die genauen Zusammenhänge, die auch Ansatzpunkte für neue Therapien bieten würden, müssen aber noch besser erforscht werden.

Reparaturprozesse verstehen - und ankurbeln

Es gibt einen neuen, möglicherweise revolutionären Behandlungsansatz bei COPD und Lungenemphysem: Er gibt Anlass zu der Hoffnung dass Lungengewebe prinzipiell in der Lage ist, sich selbst zu erneuern. Die Forschung hat Signalmoleküle entdeckt, die das Wachstum der Lungenbläschen befördern.
Solche Wachstums- und Regenerationsprozesse zu verstehen und anzukurbeln ist das Ziel von Wissenschaftlern rund um den Globus. Im Visier haben sie dabei unter anderem den WNT /β-Catenin-Signalweg, der es Zellen ermöglicht, auf äußere Signale zu reagieren und der offenbar eine wichtige Funktion bei der Zellentwicklung besitzt. Gemeinsam mit Kollegen der Universität Gießen konnten die Münchner Forscher am Helmholtz Zentrum zeigen, dass seine Aktivität sowohl bei COPD-Patienten als auch in Krankheitsmodellen bei Tieren reduziert ist. Es gelang ihnen , den WNT /β-Catenin-Signalweg künstlich zu aktivieren. Im Modellsystem führte dies zu einer Linderung des Emphysems und zu einer Verbesserung der Lungenfunktion. Über diesen Signalweg die Reparaturmechanismen der Lunge zu fördern, könnte also ein künftiger Therapieansatz für die COPD sein.

Fahndung nach beteiligten Genen

Dass die COPD einen genetischen Hintergrund besitzt, steht zweifelsfrei fest.
Unklar ist allerdings, welche Gene für die Entstehung der Krankheit von Bedeutung sind. Dazu soll die EvA-Studie neue Erkenntnisse liefern. An dem Projekt, das im Oktober 2008 gestartet ist, beteiligen sich 13 Forschungszentren aus neun europäischen Ländern. Die Abkürzung EvA steht für Emphysem versus Airway disease. Durch eine genaue Unterscheidung zwischen Lungenemphysem und chronischer Bronchitis mittels High-Resolution Computertomography und nachfolgender computergestützter Auswertung wollen die Forscher unter anderem herausfinden, ob es für die beiden Phänotypen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung unterschiedliche genetische Varianten gibt.

Welche Gene sind für die unterschiedliche Ausprägung der COPD beim Erwachsenen verantwortlich? Weshalb erkranken nur 20 Prozent aller Raucher?
Und warum bekommen auch Nichtraucher eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung? Solchen Fragestellungen gehen Münchner Forscher am Helmholtz Zentrum München in Neuherberg nach. Um Antworten zu finden, analysieren die Forscher bereits vorhandene Probensammlungen von COPD-Patienten, beteiligen sich aber auch an großen internationalen Multicenter-Studien. Denn weltweit fahnden Wissenschaftler nach den Orten im Erbgut, die die Entwicklung und Ausprägung der Krankheit mitbestimmen. Erst im September 2011 konnte ein großes Forscherkonsortium, dem auch Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München angehören, 16 neue Genorte identifizieren, die mit der Lungenfunktion und dem Gesundheitszustand des Organs assoziiert sind.

Sind neue Medikamente in Aussicht?

Aus dem immer besser werdenden Verständnis der zellulären und molekularen Mechanismen der COPD sich ergeben viele mögliche Ansatzpunkte für neue Therapien. Eine der Hauptstoßrichtungen ist dabei die Entwicklung von Medikamenten, die der Entzündung in den Atemwegen entgegenwirken. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass so genannte p38-MAPK-Inhibitoren die Produktion des Entzündungsmediators Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-alpha) bei COPD-Patienten senken. Die p-38 mitogen aktivierte Proteinkinase – so der volle Name – kurbelt vereinfacht gesagt die Entzündungsreaktion an und ist bekanntermaßen bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung erhöht.

Studien laufen auch mit einer Reihe von anderen Substanzen wie beispielsweise Statinen oder Makroliden, die alle entzündungshemmende und immunmodulatorische Eigenschaften besitzen. Zu diesen Medikamenten gehören auch die so genannten PDE-4-Hemmer. Sie unterdrücken den Entzündungsprozess, in dem sie die daran beteiligten Immunzellen beeinflussen. Mit Roflumilast wurde Mitte 2010 der erste PDE-4-Hemmer in Europa zugelassen. Nach den internationalen Leitlinien wird das Medikament eine Option zur Behandlung von Patienten mit schwerer COPD und häufigen Exazerbationen.

Vitamin A gegen COPD?

Einen weiteren Therapieansatz bietet Vitamin-A-Säure. Abkömmlinge der Vitamin A-Säure, so genannte Retinoide, sind an der Entwicklung der Alveolen beteiligt, wie Tierversuche gezeigt haben. Dabei wurde Ratten mit einem künstlich erzeugten Emphysem Vitamin-A-Säure in die Bauchhöhle gespritzt.
Nach der Behandlung kam es bei den Versuchstieren zu einem Wiederaufbau der Alveolen. Ob diese Wirkungsweise auch beim Menschen greift, ist noch nicht nachgewiesen. Dass Vitamin-A-Säure das Potenzial hat, die Emphysembildung zu verlangsamen, haben Versuche mit Zellen von COPD-Patienten gezeigt.
Wissenschaftler vermuten, dass Vitamin A ein bestimmtes Enzymungleichgewicht in den Makrophagen von COPD-Patienten aufheben könnte: Normalerweise sind das eiweißspaltende Enzym MMP-9 (Matrix Metalloprotease) und sein Gegenspieler
TIMP-1 (Tissue Inhibitor of Matrix Metalloproteinasis) in gleichen Konzentrationen vorhanden. Bei der COPD ist dieses Gleichgewicht gestört. Die
Folge: Lungengewebe wird abgebaut. Vitamin-A-Säure könnte den Gewebeabbau verlangsamen, indem es MMP-9 hemmt und TIMP-1 aktiviert. Allerdings erhielten die Hoffnungen, Vitamin-A-Säure im Kampf gegen die COPD einsetzen zu können, einen Dämpfer. So kommt eine im August 2011 publizierte Studie von Wissenschaftlern der Universitätsklinik Gießen und Marburg zu dem Schluss, dass die Substanz ein Risiko für unerwünschte Nebeneffekte auf emphysematöse Lungen berge. Dass Potenzial der Vitamin-A-Säure muss deshalb noch weiter erforscht werden.

Neue Wege in der Diagnose

Auch in der Diagnose der COPD eröffnet das bessere Verständnis der Krankheitsmechanismen neue Optionen. So lassen sich durch eine Sputumanalyse bestimmte Entzündungsmarker schon in frühen Krankheitsstadien nachweisen.
Dadurch können Ärzte die COPD einfacher von anderen Lungenkrankheiten abgrenzen und den Erfolg bestimmter Therapieformen besser abschätzen. Bis vor einigen Jahren war die gängige Methode zur Zellgewinnung die Bronchoalveoläre Lavage (BAL). Dabei wird mit einem Endoskop Spülflüssigkeit in die Lunge eingebracht und wieder abgesaugt. Da im fortgeschrittenen Stadium die Atemwege stark verengt sein können, eignet sich die Bronchoalveoläre Lavage aber nicht für alle Patienten. Deshalb gewinnt seit einigen Jahren die induzierte Sputumgewinnung als nicht-invasive Methode an Bedeutung: Über einen Ultraschallvernebler wird Kochsalzlösung in steigenden Konzentrationen inhaliert. Durch den Salzgehalt wird die Schleimschicht, die auf dem Lungenepithel im oberen Bronchialtrakt liegt, verflüssigt und kann abgehustet werden.

Aus den Sputumproben können Zellen isoliert und mikroskopisch oder mit der Durchflusszytometrie bestimmt werden. Bisher ist die Sputumanalyse noch nicht Bestandteil der ärztlichen Routine-Diagnostik - weil die dafür nötigen Biomarker noch nicht ausreichend definiert sind. In Zukunft könnte die Untersuchung von Sputumproben aber an Bedeutung gewinnen, um beispielsweise über den Einsatz von Therapien zu entscheiden. So zeigen Studien, dass COPD-Patienten, deren Sputum besonders viele eosinophile Granulozyten enthält, ihre FEV1-Werte durch eine inhalative Glukokortikoid-Therapie verbessern können..

Eine Möglichkeit, den Therapieerfolg abzuschätzen, ist die Analyse von Ausatemluft, dem Exhalat. Ausatemluft besteht zu einem Großteil aus Wasserdampf, der mit Hilfe von Kühlung kondensiert. Bei der gängigen Methode der Exhalat-Gewinnung atmet der Proband in Ruhe über ein Mundstück durch ein Ventil, in dem Ein- und Ausatemluft separiert werden. Die Ausatemluft wird durch ein Kühlsystem geleitet und das so gewonnene Kondensat kann auf bestimmte Biomarker analysiert werden. Gut untersucht sind Stickstoffmonoxid
(NO) und Wasserstoffperoxid (H2O2). Beide Entzündungsmarker eignen sich zur Überprüfung des Therapieerfolgs.

Quelle: http://www.lungeninformationsdienst.de
 
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