Ich finde...
meine Mutter toll.
Sie hat vor zwei Jahren mit über 70 ein Ehrenamt aufgenommen: sie ist nun Vorlese-Omi an einer Grundschule.
Es gab ein kurzes Schulungsseminar- und dann durfte sie Angebote sichten.
Eigentlich wollte sie ja in einen Kindergarten- nun ist es eine Grundschule die sie zu Fuß erreichen kann.
Ihr Unterichtsraum ist die Teeküche der Schule.
Zu ihr dürfen Kinder kommen, die besonders schwach in Lesen und Schreiben sind.
Dafür nehmen sie dann alle paar Wochen an einem anderen Unterricht nicht teil.
Sie sucht sehr sorgfältig die Lektüre aus, setzt sich einen großen, blumengeschmückten Strohhut auf- und dann gehts los. Mit dem Hut gehts besser! Manchmal nimmt sie noch kleine Requisiten mit...
Die Kinder hören zu, üben sich zu konzentrieren und am Thema zu bleiben. Ihre Kinder (die der Vorleseomi) sind fast 50 Jahre alt- da hat sie Konsequenz gelernt.
Wer sabotiert, bekommt das Angebot, in die Klasse zurückzukehren. Das hat aber noch niemand wahrgenommen, soweit ich weiß.
An dieser Grundschule gibt es viele Kinder mit Migrationshintergrund- manche sind auch traumatisisert durch Flucht, durch Armut, durch archaische Familienstrukturen. Das hat sie im Gespür, gibt teilweise den Lehrern Hinweise, bricht das Eis mit den Schülern.
Und irgendwann möchten sie selber lesen: dann bekommen sie selbstverständlich den Lesehut auf den Kopf. Sie lesen teilweise sogar, wie gehört, mit unterschiedlichen Stimmen bei verteilten Rollen (der Bär klingt nu mal anders als ein Mäuschen). Das ist für die Omi jeweils besonders erhebend und wird auch der Lehrerin mitgeteilt, wo solche Schüler teilweise schweigend untergehen...
Sie wurde auch schon gefragt, ob sie eine Pädagogische Ausbildung hätte. Ihr Antwort "Och ich bin doch nur eine Omi."
Da ging der Daumen der Fragenden aber hoch.
Die Vorleseomi ist bekannt wie ein bunter Hund- betritt sie den Schulhof wird sie freudig angesprungen und begrüßt.
Die die sie schon kennen, teilen natürlich den Anderen mit, wer sie ist und was sie tut.
So entstehen Legenden!
Ich wünsche ihr, dass sie ihr Ehrenamt noch ganz lange ausüben kann!