Eine Erkrankung, die sich in vieler Hinsicht als wirklich einzigartig von der Masse abhebt, demonstriert die reale, abhängig machende Natur von Nikotin besser als alle anderen. Die Krankheit heißt Buerger-Krankheit (Thromoangiitis obliterans). Die Buerger-Krankheit bedeutet eine vollständige Unterbrechung der Durchblutung von Fingern oder Zehen und bewirkt dadurch Wundbrand. Wenn der Wundbrand erst einmal eingetreten ist, besteht die einzige Behandlungsmöglichkeit in der Amputation des betroffenen Gewebes.
Die Altersgruppe, in der diese Krankheit am häufigsten ausbricht, ist die zwischen 20 und 40, also normalerweise zu jung für Herz- Kreislauferkrankungen, die zur Amputation führen. Während es häufiger Männer trifft, sind auch Frauen betroffen. Was die Buerger-Krankheit so einzigartig macht, ist, dass sie im Allgemeinen nur bei Rauchern auftritt. Es gibt fast keine dokumentierten Fälle, wo diese Krankheit bei einem Nichtraucher ausgebrochen wäre. Rauchen ist die hauptsächliche Krankheitsursache. Es ist eine seltene Krankheit, aber sie ist durchaus bemerkenswert, eben weil sie so einzigartig ist: Sie kommt nur bei Rauchern vor.
Wenn ein Raucher an Lungenkrebs erkrankt, denken er selbst und andere manchmal: „Na ja, Nichtraucher können auch Lungenkrebs bekommen, vielleicht war gar nicht das Rauchen der Grund.“ Dasselbe gibt für
Herzinfarkte und Schlaganfälle, Nichtraucher bekommen sie auch, Raucher bekommen sie einfach nur etwas häufiger. Aber man kann die Ursache lange verleugnen, und es gibt keinen Weg, völlig schlüssig zu beweisen, dass die Zigaretten schuld waren. Die Buerger-Krankheit kann sich jedoch solcher Verleugnungstaktiken nicht bedienen, da es keine anderen bekannten Ursachen gibt und sie so gut wie nie Nichtrauchern zustößt. Wenn ein Arzt feststellt, dass er es mit einem Patienten mit der Buerger-Krankheit zu tun hat, wird er ein einfaches Ultimatum stellen: „Hören Sie auf zu rauchen, oder wir amputieren den Körperteil. Sie haben die Wahl!“ Wenn wir es hier nur mit einer „schlechten Angewohnheit“ zu tun hätten, wie viele Leute würden wohl – vor eine solche Wahl gestellt und obwohl sie wissen, dass sie der Wahrheit entspricht – trotzdem weiter dieses Verhalten praktizieren, das so schreckliche Konsequenzen hat?
Auch wenn die Buerger-Krankheit viel häufiger bei Männern auftritt, hatte ich persönlich zwei Frauen in meinen Seminaren, die Buerger-Patientinnen waren. Meine erste Begegnung mit einem Patienten der Buerger-Krankheit war eine Frau, die 38 Jahre alt war, als wir uns zum ersten Mal trafen. Das war vor ungefähr 24 Jahren. Drei Jahre, bevor ich sie traf, war bei ihr im Alter von 35 die Buerger-Krankheit diagnostiziert worden. Das ist übrigens ziemlich spät für die erste Diagnose. Ihr Arzt hatte ihr gesagt, dass sie aufhören müsse zu rauchen, aber sie hielt sich nicht daran, und innerhalb weniger Monate musste ihr rechtes Bein amputiert werden. Die Durchblutung im linken Bein war auch stark beeinträchtigt. Nach dem Krankenhausaufenthalt wegen der Amputation hörte sie auf zu rauchen und hatte in den folgenden drei Jahren
keinerlei weitere Durchblutungsprobleme.
Eines Abends auf einer Party bot ihr eine Freundin eine Zigarette an. Sie dachte, dass sie nun, da sie so lange keine Zigaretten mehr geraucht hatte, Kontrolle über ihre Abhängigkeit hatte. Wenn diese Zigarette ihr schmecken würde, wollte sie ein bis zwei am Tag rauchen. Wenn sie ihr nicht schmecken würde, dann würde sie einfach nicht mehr rauchen.
Nun, sie nahm die Zigarette. Sie schmeckte ihr nicht besonders, aber am nächsten Tag war sie wieder bei ihrer alten Verbrauchsmenge angelangt. Vier Tage später hatte sie Durchblutungsstörungen im linken Bein. Der Grund war ihr bekannt. Nach drei Jahren ohne Probleme bekam sie jetzt Durchblutungsstörungen, nachdem sie vier Tage wieder rauchte. Der Arzt sagte, wenn sie nicht sofort aufhörte, würde sie das andere Bein wahrscheinlich auch noch verlieren. Zu dieser Zeit lernte ich sie kennen. Sie schrieb sich für eine Beratungsgruppe in der betreffenden Woche ein und hörte auf zu rauchen. Fast sofort verbesserte sich ihre Durchblutung. Der Arzt sagte, sie könne die Gerinnungshemmer und Vasodilatoren absetzen, die er ihr ein paar Wochen vorher verschrieben hatte, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. (Allerdings hätten diese Medikamente das Auftreten von Wundbrand und damit die Amputation auch nicht ganz verhindern können.) Aber sobald sie aufgehört hatte, brauchte sie diese Medikamente nicht mehr zu nehmen. Ihre
Durchblutung war schon bald wieder ganz normal.
Neun Monate später rief ich sie an, um sie zu bitten, an einem Forum teilzunehmen. Sie sagte etwas zögerlich: „Ich kann nicht kommen. Ich war die letzten zwei Monate im Krankenhaus.“ Ich fragte sie, was denn nur passiertsei, und sie sagte zögernd: „Meine Zehen sind amputiert worden.“ Sie hatte wieder angefangen zu rauchen. Sie hatte eine Zigarette ausprobiert, weil sie einfach nicht glauben wollte, dass sie wieder süchtig werden würde. Da hatte sie sich geirrt. Ihr Bein wurde nur noch schlecht durchblutet, ihre Zehen wurden amputiert, und schließlich verlor sie das gesamte Bein. Ich habe weitere Kursteilnehmer mit ähnlichen Erfahrungen gehabt.Teilnehmer, denen man gesagt hatte, dass sie aufhören müssten zu rauchen oder sie würden ein Körperteil verlieren, und die nicht mit dem Rauchen aufgehört hatten. Ich führe immer wieder diese spezielle Frau an, weil sie etwa ein Jahr nach der zweiten Amputation in einen meiner Workshops kam und erzählte, sie habe wieder aufgehört zu rauchen und sei jetzt neun Monate clean. Ich sagte ihr, ich sei überrascht, ich hätte gedacht, sie hätte völlig die Kontrolle verloren. Immerhin war ihr Bein abgenommen worden, dann die Zehen ihres anderen Fußes und schließlich das andere Bein! Als ich sie mit
dieser Aussage konfrontierte, sagte sie: „Der Arzt hat mich schließlich überzeugt. Er sagte, Sie können ruhig weiter rauchen. Ich amputiere Ihnen dann eben als nächstes die Arme.“
Das hatte ihr soviel Angst gemacht, dass sie mit dem Rauchen aufhörte. Was sie als Nächstes sagte, war für mich unbegreiflich. Sie sah mich direkt an und sagte ganz ernsthaft: „ES MUSS NICHT ERST DIE WELT UNTERGEHEN, DAMIT ICH AUFHÖRE ZU RAUCHEN.“
Über die nächsten 15 Jahre hatte ich hin und wieder Kontakt mit ihr, bis sie weg zog. Die ganze Zeit über ging es ihr gut. Wann immer ich dieses Gespräch ansprach, konnten wir beide kaum glauben, dass sie jemals etwas so Irrationales hatte sagen können. Sie war eine sehr rationale, kluge Frau, die andere begeistern konnte. Auf Holzbeinen ging sie überall hin, sie war sehr gesellig, und ab und zu sang und tanzte sie sogar auf der Bühne. Als sie sich erst einmal von den Wirkungen der Droge und dem Seelenleben einer Raucherin befreit hatte, wusste sie, dass sie einfach alles schaffen konnte. Ich treffe des öfteren auf Leute, die alleine aufgehört haben zu rauchen. Wenn ich sie frage, wie sie es gemacht haben, erzählen sie mir von dieser fabelhaften Frau, die sie getroffen haben und die ihnen erzählte, wie sie früher vom Rauchen abhängig gewesen sei. So süchtig, dass sie sich beide Beine wegen einer durch das Rauchen verursachten Krankheit amputieren ließ. Meistens ist das dann ein und dieselbe Person.
Indem sie ihre Geschichte verbreitet, gibt sie unzähligen Rauchern Inspiration und Hoffnung, dass sie ihren Suchtkreislauf zerbrechen können, bevor er sie zerbricht. Ihre Geschichte repräsentiert die wirkliche Macht der Sucht. Sie konnte die ganze Zeit über nicht leugnen, dass das Rauchen der Grund für die Misere war. Nicht nur hatten alle Ärzte und alle selbst angestellten Recherchen aufgezeigt, dass das Rauchen die Ursache für ihre Krankheit war, sondern sie hatte aufgehört, es ging ihr gut, dann wurde sie rückfällig und hatte binnen Tagen Durchblutungsprobleme – und das gleich zwei Mal! Beim zweiten Mal verlor sie tatsächlich ihre Zehen, dann ihren Fuß und dann ihren Unterschenkel. Es gab absolut keine Möglichkeit für sie, die Ursache zu verleugnen und dennoch brauchte sie weitere neun Monate, um wieder mit
dem Rauchen aufzuhören. Dass sie weiter rauchte und so leicht rückfällig wurde, zeigt ganz deutlich, wie die Nikotinsucht funktioniert. Die überwältigende Macht des Nikotins kann auf keinen wirkungslos bleiben. Sie haben wahrscheinlich keine Krankheit, die offensichtlich ist und Sie direkt nach einem Rückfall dazu zwingt, sofort eine Entscheidung zu treffen. In vieler Hinsicht ist dies schlechter, denn Zigaretten
zerstören Sie hinterhältig und leise, und manchmal werden Sie nicht gewarnt, oder Sie bemerken die Warnungen nicht. Das erste Symptom vieler Herz- Kreislaufkrankheiten bei Rauchern ist oft der plötzliche Tod. Sie bekommen keine zweite Chance. Wenn Sie erst einmal aufgehört haben zu rauchen, tun Sie alles, was in Ihrer Macht steht, damit es dabei bleibt. Sie wissen nicht, ob sie beim nächsten Mal den Wunsch, die Kraft oder – am allerschlimmsten – überhaupt die Gelegenheit haben werden, noch einmal aufzuhören. Eine tragische und fatale Krankheit könnte Ihnen zuvorkommen. Bedenken Sie immer die gesamten Gefahren des Rauchens und die Macht der Sucht, dann werden Sie sich wahrscheinlich für das Folgende entscheiden:
Nie wieder einen einzigen Zug!